„Ein schönes Lächeln ohne zeitraubende monatliche Arztbesuche“ – so wirbt der Online-Pionier Smile Direct Club auf seiner deutschen Webseite für seine transparenten Zahnschienen. Was für den Kunden wie ein Vorteil klingt, kann gefährlich werden. Auch bei Smile Direct Club gehören eine zu schnell vorgenommene Verschiebung der Zähne und eine unzureichende Kontrolle durch einen Kieferorthopäden zum Konzept. Mit unabsehbaren Folgen für die Gesundheit.
Die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie wies bereits im Dezember 2018 die Erstellung von Zahnabdrücken – konventionell oder per 3D-Scan – durch den Patienten mit anschließender Durchführung einer kieferorthopädischen Eigentherapie oder mit nur einmaligem persönlichem Kontakt zu einem Zahnarzt ohne geeignete Kontrolle und Dokumentation des Behandlungsverlaufes weist die DGKFO als medizinisch unverantwortlich und für den Patienten als potentiell gesundheitsgefährdend zurück.
Kunden vom Smile Direct Club bekommen ihre Zahnschienen, die so genannten Aligner, per Post zugesandt und stehen ab da in der Regel nur in Form von Tele-Kommunikation mit einem Arzt in Verbindung. Auf diese Weise kann aber selbst der erfahrenste Kieferorthopäde keine verlässlichen Aussagen über die Millimeterverschiebungen während einer Fehlstellungskorrektur der Zähne treffen und vor allen Dingen kann er keine möglichen Komplikationen erkennen.
Gegründet wurde das Unternehmen Smile Direct Club im Jahre 2014 in den USA. Inzwischen beginnt der Online-Anbieter auch in Deutschland seine ersten Shops zu eröffnen. Die Behandlung von Zahnfehlstellungen im erwachsenen Gebiss werden als ästhetische Korrekturen verkauft. Für die Behandlung sind im Durchschnitt 6 Monate angesetzt. Ob ein solcher Zeitraum nicht nur für kosmetische, sondern auch für nachhaltige zahnmedizinisch gute Ergebnisse ausreicht, ist zweifelhaft.
Vor allem reicht eine so kurze Zeit nicht, um das Ergebnis zu stabilisieren und die Zähne in ihrer neuen Position zu halten. Tatsächlich dauert die Behandlung also länger und ist auch teurer. Die Retainer haben einen Aufpreis von rund 90€. Es ist zu befürchten, dass nicht wenige Patienten und Patientinnen auf diesen wichtigen Behandlungsschritt verzichten, um Geld zu sparen. Mit unabsehbaren Folgen für die Zahnstabilität.
Seit 2020 kann man in Berlin und Hamburg in einen der Smile-Shops hineingehen und ein 3D-Modell seiner Zähne anfertigen lassen. Wer nicht in Berlin oder Hamburg wohnt, muss sich mit einem Do-it-yourself-Abdruck-Set seinen Abdruck selber machen. Die 3D-Scans oder Selfmade-Abdrücke werden anschließend von einem Partner-Zahnarzt oder
-Kieferorthopäden begutachtet. Danach wird dem Kunden eine Vorschau der bevorstehenden Kieferveränderung gezeigt. Wer sich für eine Behandlung bei Smile Direct Club entscheidet, bekommt die angefertigten Aligner nach Hause geliefert. Nach den ersten 90 Tagen sind die Kunden angewiesen, einem der Partner-Ärzte per Mail Fotos zuzusenden und sich bei ihm telefonisch zu melden. Auch die weitere Kommunikation mit den Ärzten erfolgt in den meisten Fällen über eine Videokonferenz. Und das ist eine der größten Gefahren bei Smile Direct Club, schließlich können viele Zahnprobleme wie z.B. Karies und Entzündungen so nicht erkannt werden. Diese Probleme aber können den Behandlungserfolg gefährden oder sogar langfristige Schäden am Zahnhalteapparat zur Folge haben.
Der Smile Direct Club hat in den USA gerade viele Schlagzeilen gemacht. Erst sackte nach dem Börsengang die Aktie ab, da Investoren sich getäuscht fühlten. Der Bundesstaat Kalifornien hatte nämlich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Smile Direct Club dazu zwang, nur nach einer zahnärztlichen Untersuchung, Röntgen und unter zahnärztlicher Aufsicht zu behandeln. Kurz danach berichtete der Sender NBC über eine Patientin, die beim Smile Direct Club behandelt wurde. Die Patientin litt nach einiger Zeit unter Schmerzen, konnte aber keinen Zahnarzt erreichen. Von einem Kieferorthopäden wurde schließlich bei einer Untersuchung ein Kreuzbiss diagnostiziert, der auf die Alignerbehandlung zurückzuführen sein könnte. Es handele sich bei der Beschwerde dieser Patientin, so NBC, um eine von ca. 1.800 Beschwerden gegen den Smile Direct Club. In der Folge dieses Berichts wurde bekannt, dass gegen den ärztlichen Leiter des Smile Direct Club ein Verfahren eröffnet wurde, an dessen Ende ein Approbationsentzug drohen könnte.